Besser arm dran als Arm ab!
  Geschichte des Hip Hop in Deutschland
 

Die Geschichte von HipHop in Deutschland begann, als die große Breakdance-Mode Mitte der 80er Jahre wieder verschwunden war.“ Es waren wohl - wie schon zuvor erwähnt - Amerikaner, GIs vor allem, die den HipHop nach Deutschland importierten. So berichten etwa die Fantastischen Vier, die erste erfolgreiche deutschsprachige Rap-Gruppe, von Master Rob, einem aus der Army ausgeschiedenen Soldaten, der im Stuttgarter Raum „der HipHop-König der späten 80er Jahre“ war und für die heute starke Stuttgarter HipHop-Gemeinde offenbar eine Art Initialzündung darstellte. Doch gab es in den 80er Jahren, von wenigen praktizierenden Beispielen abgesehen, „keinerlei Informationen über HipHop in Deutschland. (...) Ihre Techniken mußten sich die HipHops dieser Tage selbst entwickeln und aneignen“. Es wundert auch nicht, daß in der deutschen HipHop-Kinderstube vorwiegend englisch gerappt wurde.

Das änderte sich erst zu Beginn der 90er Jahre. Hier waren es die Fantastischen Vier aus Stuttgart, die mit „Die da“ den ersten - und gleich durchschlagenden Erfolg hatten. Es folgte, mit angemessenem Abstand, das Rödelheim Hartreim Projekt aus Frankfurt. „Heute haben mehr als 100 Deutsch-HipHop-Acts einen Platten-Deal. Ihr Anteil am Gesamtumsatz der deutschen Plattenindustrie beträgt über 15 Prozent.“

Doch „die sich inzwischen in Deutschland gebildete HipHop-Szene hat mit der gewachsenen afro-amerikanischen nur wenig zu tun“. „Das einzige, was die deutschen Homeboys (wie Homies oder B-Boys: Kumpel aus der Nachbarschaft) verbindet, ist die Liebe zum Genre HipHop.“

Wie in den USA tragen auch deutsche Rapper meist Pseudonyme. Zwar wird auch in deutschen Landen gedisst, d.h. die Konkurrenz mit Schmähungen und Spitzen bedacht, jedoch nicht in dem Umfang, wie dies im HipHop-Mutterland der Fall ist.

Zwar gibt es auch in Deutschland Rapper, die versuchen, sich das Image des bösen Buben zu geben, doch selbst Moses P., der Chef von RHP und PPP, der schon zweimal wegen Körperverletzungen auffällig wurde (darunter gegen den Fernsehmoderator Stefan Raab), sagt, „daß man mit Gewalt keine Probleme lösen kann“ und: „Moses P. ist nicht blöd genug , sich für den deutschen Ice T zu halten.“ Und ganz nebenbei zitiert er in seinen Texten schon mal Nietzsche.

Die Farbigen Amerikas haben ihre eigene Sprache, obwohl sie Englisch sprechen, während dies bei den Deutschen nicht der Fall ist. Bands wie die Fantastischen Vier oder das Rödelheim Hartreim Projekt rappen zwar der Gesangsform nach, es kann sie aber auch der Nicht-Rapper verstehen.

„Außerdem fehlt Ihnen der ,Ausdruck einer gemeinsamen Erfahrung und einer daraus erwachsenen Gruppensolidarität, die unabdingbar ist für den Überlebenskampf in einer Gesellschaft, in der Rassismus und Diskriminierung immer noch alltägliche Praxis ist´“. Doch weniger die im täglichen Überlebenskampf lebende Unterschicht dominiert im Teutonen-Rap. „In Deutschland muß man naturgemäß erst mal ein Kind aus mindestens mittelständischen Verhältnissen sein, allein um sich die nötigen Geräte wie Sampler oder scratchfähige Plattenspieler leisten zu können. Trotzdem lebt ein Großteil der Independent-Rap-Szene mit einem Bild von verklärter Ghetto-Romantik im Kopf“.

Ist die deutsche HipHop-Szene also politisch? Auch. Es gibt hierzulande eine Linie, die sich dem „Fun-Rap“ verschrieben hat. Diese Spaß-Fraktion, repräsentiert etwa durch die Hamburger Rapper von „Fettes Brot“ „Fischmob“ und „Fünf Sterne Deluxe“, zeichnet sich dadurch aus, daß sie in ihren Texten blödeln und sich und andere aufs Korn und sich vor allem selbst nicht ernst nehmen. So entstehen Titel wie „Die Einsamkeit der Klofrau“ oder „Silberfische in meinem Bett“, so kommen schon mal „Die drei “ zu Ehren oder die deutsche Stimme von Detektiv Thomas Magnum. Diese Sparte hat mit dem amerikansichen Vorbild eigentlich kaum etwas gemeinsam, vom Rhythmus vielleicht einmal abgesehen. Was etwa „Fettes Brot“ nicht davon abhält, schon mal für die Prozeßkosten politischer Gefangener ein Gratis-Konzert zu geben.

Aber von den Hamburgern einmal abgesehen: Politisch sind die deutschen Rapper schon, zumindest sozialkritisch. „Wir haben keine Black Community. Und wir sind nicht schwarz. Deshalb übernehmen wir als Rapper die Euro-Punk-Attitüde, richten uns also nicht gegen das weiße Establishment, sondern gegen das Establishment allgemein. (...) Nicht gegen das System, gegen das Begriffsestablishment. (...) Wir wollen den Kids sagen: Befreit euch von Gruppendenken und Gruppenzwang, denkt selbständig, trefft eure eigenen Entscheidungen. Macht nicht immer alles nach, was Euch als cool erscheint.“

Ausdrücklich politisch verstehen sich die Bands der sogenannten Kolchose um die Stuttgarter Gruppe Freundeskreis. Freundeskreis etwa „brachten es mit Texten über Lichterketten und soziale Not zum Ruf, die Polit-Klassensprecher des deutschen HipHop zu sein.“ „Herre (Maximilian Herre, Rapper und Texter von Freundeskreis, Anm.) kennt sich aus mit Fidel Castro und Che Guevara, schreibt über den Black-Panther-Aktivisten Mumia Abu-Jamal, der in den USA in der Todeszelle sitzt“.

Viele Rapper sind optisch und dem Namen nach als Kinder früherer Einwanderer zu identifizieren, was sie nicht daran hindert, kreativ, bisweilen virtuos, mit der deutschen Sprache umzugehen. Die wenigsten verschreiben sich jedoch der Vertonung „typischer Ausländerprobleme“ wie Diskriminierung etc., mancher kokettiert mit seiner Herkunft.

Überhaupt spielt die deutsche Heimat in Selbstverständnis und Texten der deutschen Rapper, auch der ausländischer Herkunft, die deutlich größere Rolle. In vielen Texten ist immer wieder von Herkunftsstädten die Rede. Manche tragen die Herkunft im Name (Rödelheim Hartreim Projekt, Dortmunda Union, Ruhrpott AG), manchmal klingt Dialekt durch (RHP). Und Fettes Brot haben sogar Plattdeutsch gerappt.

Die Texte decken das Spektrum dessen ab, was man auch aus anderen Musiksparten kennt, Politik natürlich, Gesellschaftskritik, selbstverständlich Liebe und Triebe, bisweilen Drogen und natürlich die normalen Gegebenheiten des Alltags. Viele Texte beweisen Bildung und Reflexion seitens der Texter. Viele haben gelesen - und das merkt man. Ironie ist - in verschiedenen Abstufungen - ein wesentliches Element. Rap besteht aus Reimen - die sind nicht immer perfekt, bisweilen waghalsig akrobatisch, immer kreativ

Verschiedene Rapper und Crews:

Stuttgart: Die Fantastischen Vier, Freundeskreis, Afrob, Massive Töne

Frankfurt: Rödelheim Hartreim Projekt, Moses P., Sabrina Setlur (Schwester S.), Bruda Sven, Illmatic

Ruhrgebiet: Dortmunda Union, Too Strong, Lee Buddha, Ruhrpott AG, Dike,

Hamburg: Fettes Brot, Fünf Sterne Deluxe, Absolute Beginner, Eins Zwo, Fischmob,

Heidelberg: Advanced Chemistry, Stieber Twins, Cora E.




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